Gewisse Artikel bleiben zu lange im „Entwürfe“ Ordner. So ist er leider nicht mehr ganz aktuell:
Der Ständerat hat also die Motion Sommaruga versenkt. Ich finde das wirklich schade. Ich glaube, dass wohl die meisten Gegner der Motion von der Materie gar nichts verstehen. Sie vertrauen lieber auf Gruppen wie Swisscable und lassen sich einseitig informieren. 24 Volksvertreter haben sich gegen die Konsumenten entschieden. Natürlich soll ein Politiker auch an die Wirtschaft denken, doch hier gibt es in meinen Augen eigentlich keinen Grund gegen die Konsumenten zu stimmen, zumindest in diesem Anliegen.
Ein paar generelle Gedanken zur Motion
Es war wohl falsch von einem Verschlüsselungsverbot zu reden. Wenn ich mal Input geliefert habe, verweis ich auch immer auf die DCG Provider (Quickline, Wasserwerke Zug) als Vorbild. Dort sind Sender zwar teilweise codiert, aber die Conax Karte läuft sogar in einer Dreambox.
Auch wenn man Sender wie Teleclub weiterhin hätte verschlüsseln können, war dieser Punkt wohl ein sehr grosser Angriffspunkt der Motion. Grundsätzlich verstehe ich natürlich, dass ein Kabelnetz Geld verdienen will. Somit kann man natürlich mit einem kostenlosen Grundangebot die Kunden auf weitere Pakete bringen. Wenn ein Kunde jetzt sowieso eine Smartcard hat, abonniert er vielleicht auch Pakete mit Discovery Channel oder MTV Dance. Die Karte kann man ja auch für einen einmaligen Beitrag abgeben.
Die Motion hätte viel mehr auf den CI-Aspekt eingehen müssen. Damals war CI+ noch nicht relevant. Die Motion hätte also einfach CI-Module fordern sollen und nichts von FTA schreiben sollen.
Es geht nicht um irgendwelche Regulierungen. Im Gegenteil. Man will damit einen transparenten und freien Markt schaffen. Die Situation ist ein bisschen so, als würde ich mein Steak aus dem Migros nur in einer Migros Pfannen braten könnte. Es gibt heute keinen Grund mehr, eine Box vorzuschreiben. Die normalen Programme laufen auf jeder beliebigen Box. Manchmal muss man – mehr oder weniger legal – nachhelfen. Auch Untertitel oder andere Sprachen laufen mit jeder Box. Eine spezielle Funktion für Gebärdensprache existiert auf keiner einzigen Box.
Wer die Motion als zusätzliche Regulation ansieht hat offenbar nicht die geringsten Ahnung von der Materie. Die Motion hätte für die Kunden einfachen einen besseren Zugang zum Markt bedeutet.
Leider spielte wohl die Swisscom auch eine eher negative Rolle in der Motion. Aus gewissen Texten liest man, dass sich Swisscom mit aller Kraft gewehrt hat. Vielleicht hat man sogar mehr gegen die Motion ausrichten können als Swisscable (respektive UPC). Fragt sich wieso sich Swisscom so gewehrt hat?
Diese Motion wäre sicherlich nicht das Ende von Swisscom TV gewesen. Deutschland beweist, dass man mit MS Mediaroom Sender auch für andere Geräte zur Verfügung stellen kann. Natürlich ist es relativ kompliziert. Aber ich sehe hier kein Problem. Wer sich mit VLC und co auskennt, der kann die Sender auf seinem PC schauen. Wer dies zu komplex findet, benützt eben die Swisscom TV Box. Natürlich nur Sender aus dem Grundangebot und keine Pay-TV Sender.
Es ist klar, dass im Gegensatz zu den Kabelboxen hier noch kein freier Markt spielt. Diesen Umstand hätte man in der Motion auch berücksichtigen können. Ich bin sicher, in drei Jahren wird sich sehr viel tun, dann kann es durchaus Boxen von Drittherstellern geben, vielleicht sogar eingebaute Boxen in TV Geräten.
Es ist auch klar, dass Dienste wie VOD, CatchUp TV oder so nur mit einer proprietären Box laufen. Doch selbst hier: Es wäre sicherlich möglich auch hier einen offenen Standard zu verwenden. Dabei meine ich nicht kostenfreies VOD – ich meine lediglich die Wahl des Endgerätes.
Wenn ich die Ausführungen von Ständerat Peter Bieri lese, so kann ich nur den Kopf schütteln. Es scheint als wären Bieri die Geschäftsmodelle von RTL und Pro Sieben wichtiger, als die Anliegen der Wähler. Bieri weiss wohl nicht, dass die bösen Piraten sicherlich nicht RTL als Quelle für ihre Schwarzkopien verwenden. Natürlich sollen Sender ihre Geschäftsmodelle schützen können. Aber wieso eigentlich nur Sender aus Deutschland? Regelmässige Leser meines Blogs wissen, dass bei den Briten offenbar das Problem ganz anders angegangen wird. Dort ist das Überspuhlen kein Problem.
Die Provider sehen noch immer nicht ein, dass eine freie Boxenwahl ihnen sogar nützen würde. Die Digicard hat die Akzeptanz von digitalen TV zumindest ein bisschen gesteigert. Es ist zwar eine CI+ Karte, diese hat aber (noch) keine der bekannten Nachteile von CI+. Der Fakt aber, dass man einfach mit dem Fernseher digitales TV sehen kann, bringt Cablecom einen Vorteil gegenüber Swisscom. Trotzdem wäre diese Motion sinnvoll gewesen, so dass niemand auf die Idee gekommen wäre, Einschränkungen wie eben einer Vorspuhlsperre einzuführen.
Auf der bürgerlichen Seite möchte ich noch Ständerat Felix Gutzwiller (ZH) positiv erwähnen. Er hat offenbar sich mit dem Thema befasst. Er zeigt, im Gegensatz zu Bieri, dass man sich auch neutral informieren kann und nicht einfach die Märchen der Lobbyisten runterlesen kann.
Sind wir gespannt wie sich unsere TV-Landschaft weiterentwickelt. Ich hoffe, dass die abgelehnte Motion nicht einen zu grossen Nachteil für uns bringt.
VOD/TVOD (IP-TV) wird sicher auch bald direkt von TV-geräten und anderen boxen unterstützt, bzw. wird es heute z.t. schon. UPC hat ja verlauten lassen dass diese technik mittel-/langfristig auch für andere TV-sender eingesetzt wird. ob CC/UPC diese geräte dann auch zulässt…
zur MoSo nur eins:
CC steht es nun frei, die Digicard wieder abzuschaffen.
danke and die volks-, aeh, wirtschafts-vertretung in bern.